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Erste Hilfe bei Atem- und Herzstillstand

Wer aktiver Tierbesitzer ist, erkennt, dass zu seiner Verantwortung auch die Sorge gehört, dass sein Tier nicht krank wird, und dass man im Ernstfall die nötigen Kenntnisse haben sollte, um ihm richtig helfen und somit sogar das Leben erhalten zu können. Wir bei der Tierrettung werden immer wieder mit Fragen zu dieser Problematik konfrontiert, im Einsatz, am Telefon oder wie dieser Tage per E-Mail. Eine Dame in Österreich war mit dem Erstickungstod ihres schwerkranken geliebten Hundes konfrontiert und konsultierte uns zu den Fragen Atem- und Herzstillstand beim Hund, da sie sich Vorwürfe machte, ihrem Tier nicht optimal zu Seite gestanden zu haben. Diese Thematik wollten wir zum Anlass für einen Artikel nehmen, um Ihnen ein gewisses Rüstzeug für diesen Ernstfall „Atem- und/ oder Herzstillstand“ an die Hand zu geben. Selbstverständlich kann ein Artikel keinen Erste-Hilfe-Kurs ersetzen, den mittlerweile viele Tierärzte anbieten.

Grundsätzliches

In der Veterinärmedizin stehen wir oft vor dem Phänomen, dass viele Tierhalter ihren erkrankten oder verletzten Hund zunächst einmal selbst behandeln. Erst wenn sich der Zustand des Hundes verschlechtert oder über längere Zeit nicht bessert, wird ein Tierarzt konsultiert. Dabei ist der Tierarzt oft nicht der erste, sondern der letzte mögliche Weg, und man hat als Tierarzt dann häufig mit verschleppten und schlecht heilenden Verletzungen oder Erkrankungen zu tun. Das Tier kann nicht protestieren. Sie sollten ihm die Chance geben, ebenso wie einem erkrankten oder verunfallten Menschen, die bestmögliche Versorgung zu bekommen. Dabei spielt der Zeitfaktor für den Heilungserfolg eine große Rolle oder ist für das Überleben ausschlaggebend. Eine wichtige Regel beim Umgang mit Tieren ist der Selbstschutz des betreuenden Menschen. Ein krankes oder verletztes Tier befindet sich in einer Extremsituation und kann auch einer vertrauten Person gegenüber aggressiv reagieren. Man sollte deshalb bei aller gebotenen Eile besondere Vorsicht walten lassen. Dennoch geben die nächsten Artikel Einblick in die Erste Hilfe, die Leben retten kann.

Achtung! Hunde mit Atmungs- oder Kreislaufproblemen dürfen keine Art von Schnauzenband oder Maulkorb tragen.

Was tun bei Atem- oder Herzstillstand?

1. Normwerte

Grundsätzlich sollten Sie die individuellen Normwerte an Ihrem eigenen Tier überprüfen, solange es gesund ist. Dabei sollten Sie sowohl die Ruhewerte als auch die Werte nach Anstrengung z.B. nach dem Spiel überprüfen und notieren, um im Notfall einen Vergleichswert zu haben. Es gibt insbesondere bei Hunden hohe Schwan-kungen.

2. Puls

Die Pulsmessung erfolgt an der Oberschenkelschlagader (Arteria femoralis), an der Innenseite des Oberschenkels. Man greift dabei mit den Fingern von vorne um den Oberschenkel an die Innenseite, der Daumen bleibt außen am Oberschenkel liegen. Man sucht mit zwei bis drei Fingern die senkrechte Rinne zwischen den zwei großen Muskelsträngen auf. In dieser Rinne ertastet man mit wenig Druck die Arterie. Man sollte möglichst häufi g in unterschiedlichen Situationen das Puls ertasten üben, denn im Ernstfall kann es sich als sehr schwierig herausstellen. Neben der Pulsfrequenz beurteilt man auch die Pulsqualität. Ein normaler Puls ist kräftig und deutlich fühlbar, die Pulsschläge sind deutlich voneinander abgesetzt.

Normale Pulsfrequenz: 80-120 Schläge pro Minute

Jungtiere und kleine Hunde haben einen schnelleren Puls als erwachsene Tiere oder Hunde großer Rassen.

3. Atmung

Bei der Atmung beurteilt man die Frequenz und achtet auf untypische Geräusche, Atembewegungen und Husten. Zur Beurteilung beobachtet man den Brustkorb, den Rippenbogen und die Bauchwand.

Atemfrequenz: 10-40 Atemzüge pro Minute, je nach Größe des Hundes 20-30 Atemzüge pro Minute bei der Katze

Hecheln ist bei Hitze, Anstrengung und Aufregung normal, es dient dabei nicht der Atmung, sondern dem Wärmeaustausch und darf nicht als Atemfrequenz gezählt werden.

Kreislauf

4. Kapillarfüllungszeit

Das ist die Zeit, die das Blut benötigt, um das Gewebe an einer Druckstelle wieder zu durchbluten. Man presst am Zahnfl eisch an einer unpigmentierten Stelle mit dem Daumen einige Sekunden kräftig dagegen. Dann lässt man los und beobachtet wie die anfangs blutleere Stelle (weiß-hellrosa) wieder die ursprüngliche Farbe annimmt. Dies sollte innerhalb von zwei Sekunden der Fall sein. Dauert dies länger, ist die Kreislaufsituation schlecht.

5. Schleimhautfarbe

Die Farbe der Schleimhäute ist an unpigmentierten Stellen blassrosa, feucht, glatt und glänzend. Viele Tiere haben eine dunkel pigmentierte Maulschleimhaut. In solchen Fällen schaut man sich die Nickhaut an, sie ist das dritte Augenlid des Tieres. Die Farbe der Zunge ist zur Beurteilung der Schleimhäute nur bedingt geeignet. Sie ändert sich oft später als die der übrigen Schleimhäute oder weicht überhaupt davon ab (und das nicht nur beim Chow-Chow). Eine bläulich bis violette Färbung weist auf Sauerstoffmangel, Kreislaufschwäche und Herzerkrankungen hin, blasse bis Porzellanweiße Schleimhäute sind Anzeichen von Blutverlust oder Schockzuständen. Verwaschenes Ziegelrot bis Dunkelrot deuten auf Infektionskrankheiten, Hitzschlag oder andere Erkrankungen hin.

6. Atemnotfall

Atemnot und Atemstillstand sind selten, aber immer lebensgefährlich. Die Ursachen reichen von Verlegungen der Atemwege über Insektenstiche, Luftröhrenkollaps, Kehlkopf-, Schädel-, Brustkorb- oder Hirnverletzungen, Rauchgasvergiftungen und Vergiftungen. Der Hund oder die Katze versucht, unter Anstrengung mit offenen Maul zu atmen. Brust- und Bauchbewegungen sind stark ausgeprägt, oft sind ungewöhnliche Atemgeräusche zu hören. Bei Atemstillstand sind keine Atembewegungen mehr sicht- und fühlbar. Die Schleimhäute sind blau und das Tier wird innerhalb kurzer Zeit bewusstlos und stirbt.

7. Erstmaßnahmen

Suchen Sie so schnell als möglich einen Tierarzt auf. Beruhigen Sie Ihren Hund während des Transports. Kontrollieren Sie Maul und Rachen visuell und durch Abtasten. Reicht die Spontanatmung nicht aus oder atmet der Hund gar nicht, müssen Sie beatmen. Bringen Sie Ihr Tier in die rechte Seitenlage (Herz immer oben) und strecken Sie den Kopf des Hundes/ der Katze, bis der Nasenrücken eine Linie mit dem Rücken bildet. Ziehen Sie kurz an der Zunge und drücken Sie kurz, aber kräftig auf den Brustkorb. Beides löst einen Atemrefl ex aus. Hilft das nicht, müssen Sie beatmen. Beatmen Sie 8-12 Mal pro Minute. Lassen Sie dem Tier Zeit zum Ausatmen, beatmen Sie erst wieder, wenn der Brustkorb sich gesenkt hat. Überprüfen Sie immer wieder die Vitalwerte. Setzen Sie die Beatmung so lange fort bis eine ausreichende Spontanatmung einsetzt oder der Tierarzt die Behandlung übernimmt.

Kreislaufstillstand

Zu einem Kreislaufstillstand kann es aus verschiedenen Gründen kommen: Häufi g endet ein Kreislaufstillstand tödlich. Mögliche Ursachen: Stromunfälle, schwere Brustkorbverletzungen, Schock, Magendrehung, Sauerstoffmangel und viele andere schwere Erkrankungen. Das Tier ist bewusstlos, atmet nicht und hat keinen Puls. Ein Herzschlag ist weder zu fühlen noch zu hören. Die Schleimhäute sind erst blau, später weiß.

8. Erstmaßnahmen

Sie müssen den Hund/ die Katze reanimieren. Zunächst müssen die Atemwege frei gemacht werden. Schauen Sie tief in den Rachen und tasten ihn ab. Ziehen Sie die Zunge heraus, um einen Atemrefl ex auszulösen. Hilft das nicht, legen Sie den Hund/ die Katze in die rechte Seitenlage, ziehen Sie das linke Vorderbein etwas vor und schlagen Sie mit Ihrer Faust bzw. den Fingerspitzen (abhängig von der Größe Ihres Tieres) fest auf den Brustkorb, knapp hinter dem Ellbogen. Das ist der sogenannte präcordiale Faustschlag, damit sind schon viele Herzen wieder angesprungen.

9. Herzmassagen

Kontrollieren Sie den Puls. Finden Sie keinen, folgt die Reanimation. Beginnen Sie mit der Beatmung, verwenden Sie dasselbe Schema wie beim Menschen, nur etwas schneller. Zweimal beatmen, fünfzehnmal Herzmassagen wenn Sie alleine sind – einmal beatmen, fünf Herzmassagen wenn Sie einen Helfer haben. Der Druckpunkt für die Herzmassagen ist derselbe wie beim präcordialem Faustschlag. Setzen Sie die Reanimation solange fort bis Sie wieder einen Puls bekommen oder der Tierarzt eintrifft. Sind nach etwa 15 Minuten Reanimation weder Atmung noch Puls aktiviert und zudem deutliche Anzeichen des Todes festzustellen, wie fehlender Lidschluss- und Pupillarreflex, extrem geweitete Pupillen, bedeutet das den Tod des Tieres.