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Häufige Notfälle – seltene Patienten

Der Pirol in guten Händen. Foto: Tierrettung München

von: Malgorzata Horvath

Rettungseinsätze –

Jede Jahreszeit birgt andere Überraschungen. Im September holten wir in einer Grundschule einen Vogel ab, der apathisch und flugunfähig im Hof gefunden wurde. Beim Abholen war der Patient in dem verschlossenen Karton schon hörbar aktiver. Da die Finderin vor dem Auffinden einen lauten Knall am Fenster gehört hat, war davon auszugehen, dass es sich dabei um ein Anflugtrauma handelte, von dem sich der Patient im dunklen Behälter gut erholen konnte.

Das schien also auf den ersten Blick ein typischer Verlauf eines bei Vögeln häufigen Notfalls zu sein, bei dem tierärztliches Eingreifen oft entbehrlich ist, wenn kein Blut oder äußerliche Verletzungen zu sehen sind. Ungewöhnlich war jedoch der Patient selbst. Als ich ihn zur Untersuchung aus der Schachtel holte, hielt ich ein exotisch erscheinendes, kräftig gelbgrün gefärbtes Exemplar einer bei uns sehr selten gesichteten Vogelart in den Händen. Es war ein Pirolweibchen. Diese Vögel sieht man bei uns extrem selten. Sie sind zwar von Mai bis September in Bayern heimisch, halten sich aber hauptsächlich in den Baumkronen auf, so dass man sie meistens nur hören kann. Sie bevorzugen Auenwälder, sind aber auch immer häufiger in Städten anzutreffen.

Unsere Patientin hatte eine kleine Wunde am Flügel, bekam von uns ein Schmerzmittel, eine lokale Wundbehandlung und wurde in die Vogelklinik gebracht, wo sie einen Tag später wieder in die Freiheit entlassen werden konnte.

Ein anderer seltener und prächtig gefärbter Patient mit ähnlichem Vorbericht wurde uns im Winter gebracht: ein kräftig rot gefärbtes Dompfaffmännchen. Diese Vögel sind auch Waldvögel, die jedoch ebenso immer häufiger in Städten anzutreffen sind. Der prächtig gefärbte Patient erholte sich nach der Erstbehandlung und konnte auch wieder frei gelassen werden.

Kleine Vogelkunde

Pirol und Dompfaff sieht man selten. Die beiden so wunderschön gefärbten Vögel gehören glücklicherweise nicht zu den bedrohten Vogelarten.

Ein Hinweis von Alexandra Pfitzmann

Der Pirol ist ein sogenannter „Breitfrontzieher“, das heißt er überquert auf seinem Flug in den Süden die Alpen und die Sahara ohne Umwege. Gerne überwintert er in Hochländern bis zu 3000 Metern Höhe und in Waldgebieten Ostafrikas sowie in Madagaskar. Normalerweise ist der Abflug der Pirole bis Ende August abgeschlossen, einige Nachzügler brauchen bis Oktober, um ihren Flug ins Warme anzutreten. Ende März bis Anfang Mai kehren sie wieder in ihre mitteleuropäischen Brutplätze zurück. Es gibt ca. 3,4 bis 7,1 Millionen Brutpaare.

Der Dompfaff wird auch Gimpel oder Blutfink genannt, gehört zur Familie der Finken und besiedelt Gebiete in Europa, Vorderasien, Ostasien einschließlich Kamtschatka und Japan sowie Sibirien. Er führt eine monogame Brutehe und brütet zwischen April und August. Die europäische Brutpopulation macht weniger als die Hälfte der weltweiten Verbreitung aus und ist mit mehr als 7.300.000 Paaren sehr groß und stabil.

 

Malgorzata Horvath

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