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Kohlmeisenzeit im Mai

von: Von Malgorzata Horvath

Rettungseinsätze –

An einem Mittwochmittag im Mai erreichte uns der Anruf von Frau Plötz aus dem Büro der Tierrettung München: Ein Finder habe einen Wildtierpatienten fälschlicherweise in die Verwaltung gebracht. Dort ist jedoch keine Tierabgabe möglich, weshalb die Finder immer in unsere tierärztliche Notdienststelle in der Herzogstraße 84 weitergeschickt werden.

Um Enttäuschungen und zusätzliche Wege oder Wartezeiten zu vermeiden, ist es daher wichtig, uns vorher auf der Notrufnummer anzurufen, wenn man ein verletztes Wildtier gefunden hat, um die Abgabe zu besprechen, da unsere Dienststelle nicht besetzt ist, wenn wir im Einsatz sind.

Da dieses Mal sowieso noch Unterlagen aus der Verwaltung abgeholt werden mussten, und wir auch gerade mit der Behandlung eines Vogelpatienten in der Dienststelle fertig geworden waren und gleich losfahren konnten, konnte der Findling ausnahmsweise im Büro gelassen werden. Eine klitzekleine mit Luftlöchern versehene Schachtel wartete auf mich. Wie sich rausstellte, handelte es sich bei dem Inhalt um eine kleine noch sehr junge Kohlmeise.

Eigentlich keine große Überraschung, denn wir hatten gerade „Meisenzeit“. Seit einer Woche gingen viele Anrufe wegen vermeintlich aus dem Nest gefallener Meisen bei uns ein. Zum Glück konnte meistens schon am Telefon abgeklärt werden, dass die Kleinen keine tierärztliche Hilfe benötigten, da sie ihr Nest für die weitere Entwicklung zum erwachsenen und flugfähigen Vogel verlassen mussten und in den nächsten Wochen in der sogenannten Ästlingsphase von den Eltern bis zur Selbstständigkeit versorgt wurden. Die wenigsten von ihnen brauchten eine tierärztliche Behandlung. Einige waren tatsächlich verwaist oder eindeutig zu früh aus dem Nest gefallen und wurden von den Findern ins Tierheim gebracht.

Die kleine Meise aus der Schachtel brauchte jedoch schon auf den ersten Blick Hilfe. Sie war sehr ruhig und geschwächt. Bei der gründlichen Untersuchung fiel mir eine sehr kleine frische Wunde auf der linken Seite, wo sie noch unbefiedert war, auf und eine kleine Hautverletzung am linken Flügel. Obwohl wir keine genauere Vorgeschichte hatten, war es sehr wahrscheinlich, dass sich das Tierchen im Maul einer Katze befunden hat.

Unser kleiner Patient bekam eine Antibiotikumspritze und ein Schmerzmittel. Da er gar keinen Appetit zeigte und geschwächt war, wurde er zusätzlich mit einer Glukoselösung versorgt. Außerdem wurde er auf eine gut isolierte Wä rmequelle in einem provisorischen Nest aus weichem Zellstoff gesetzt. Nach einiger Zeit wurde er sehr munter und zeigte uns mit dem typischen Sperren seines Schnabels, dass es ihm inzwischen viel besser ging und dass er großen Hunger hatte. Für die weitere Behandlung wurde er von uns in die Vogelklinik in Oberschleißheim gebracht.