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Tipps für Frauchen und Herrchen Voruntersuchungen durch den Tierbesitzer

Tanita Wolf studiert an der LMU München Tiermedizin und ist Assistentin bei der Tierrettung München. Ihr Studium ergänzt sie begeistert durch die praktische Arbeit mitden Tierärzten. Foto: © Tierrettung München

von: Tanita Wolf, Assistentin bei der Tierrettung München

Ratgeber Tiermedizin –

Jeder, der einmal ein krankes Haustier hatte, kennt es: Die Sorge ist groß, und manchmal ist man mit der Situation geradezu überfordert. Doch es gilt Ruhe zu bewahren. Noch bevor man den Tierarzt kontaktiert, kann man einige Kreislaufparameter und die PAT-Werte (Puls, Atmung, Temperatur) selbst bestimmen und somit im Zweifelsfall schon am Telefon wichtige Erkenntnisse weiterleiten, die eine bessere Einschätzung des Gesundheitszustandes von Hund und Katze ermöglichen.

Man beginnt mit dem Beurteilen des Bewusstseinszustands: Ist das Tier aufmerksam, wach und ansprechbar? Ist es steh- und gehfähig? Liegt es womöglich in Brust- oder Seitenlage? Meistens kennen die Besitzer ihr Tier am besten und können schnell einschätzen, ob das gezeigte Verhalten in der aktuellen Situation typisch für ihr Tier ist oder nicht. Zudem macht man sich zu Nutze, dass das Verhalten in gewohnter Umgebung nicht von der Aufregung in den Praxisräumen verfälscht wird.

Auszählen der Atemfrequenz

Ebenso verhält es sich beim Auszählen der Atemfrequenz. Hierzu benötigt man eine Uhr mit Sekundenanzeige, um für 15 Sekunden das Heben und Senken des Brustkorbes, möglichst in Ruhe, auszuzählen. Den ausgezählten Wert multipliziert man mit vier und erhält nun die Atemfrequenz pro Minute. Untenstehend finden Sie die Referenzwerte für die physiologische Atemfrequenz von Hund und Katze. Bei stark hechelnden Tieren kann dies etwas schwierig sein und muss gegebenenfalls wiederholt, sowie dem Tierarzt mitgeteilt werden.

Farbe der Schleimhäute

Die Farbe der Schleimhäute gibt wichtige Informationen über den aktuellen Kreislaufzustand. Man zieht vorzugsweise die Lefzen ein kleines Stück nach oben, um freie Sicht auf das Zahnfleisch und die Mundschleimhaut zu erhalten. Im Regelfall stellt sich das Zahnfleisch blassrosa dar. Auffälligkeiten, die für eine pathologische Veränderung sprechen, wären blass-weiße, gelblich, bläulich oder stark gerötete Schleimhäute. Bei bläulich oder gelblich verfärbtem Zahnfleisch ist ein dringendes Handeln und Aufsuchen eines Tierarztes anzuraten, da es sich hier um Hinweise auf einen akuten Sauerstoffmangel beziehungsweise eine Lebererkrankung handelt. Bei einigen Tieren ist das Zahnfleisch schwarz pigmentiert. In diesem Fall kann das untere Augenlid ein wenig nach unten gezogen werden, um die dann freiwerdende Schleimhaut zur Beurteilung heranziehen.

Über die periphere Durchblutung gibt die kapilläre Rückfüllzeit, kurz KFZ, Aufschluss und kann im gleichen Schritt am Zahnfleisch untersucht werden. Hierzu drückt man mit dem flachen Finger auf die nicht pigmentierte Maulschleimhaut. Der nun entstehende, weißliche Fleck sollte innerhalb einer Sekunde wieder die Normfarbe zurückerlangen. Andernfalls spricht man von einer verzögerten KFZ, die man mit 2-3 Sekunden oder >3 Sekunden beschreibt. Der Effekt lässt sich bildlich gut verdeutlichen, wenn man sich vorstellt, dass man auf einen Sonnen‐ brand drückt, bei dem sich der entste‐ hende Fleck nach einiger Zeit wieder rot verfärbt.

Messen der Körpertemperatur

Die Körperinnentemperatur misst man mit einem handelsüblichen Thermometer aus der Drogerie oder der Apotheke; ein Infrarotthermometer ist bei tierischen Patienten leider zu ungenau. Mit ein wenig Gleitmaterial bestrichen (z.B. Vaseline), lässt es sich mit Gefühl rektal einführen. Gerade bei Katzen wird gegebenenfalls eine helfende Hand benötigt, um das Tier zu halten. Es ist dringend darauf zu achten, dass das Thermometer weit genug vorgeschoben wird und nicht vor einer Schleimhautfalte liegt, um keinen verfälschten Wert zu messen. Dies gelingt meist durch vorsichtige Drehbewegungen. Die Normwerte der Körperinnentemperatur sind etwas größenabhängig und können der Tabelle auf der vorhergehenden Seite entnommen werden. Es gilt zu beachten, dass die Körperinnentemperatur aufgrund von Aufregung und Stress steigen kann, weshalb auch hier eine erste Messung Zuhause wirklich Sinn macht.

Folgende Informationen sind für den Tierarzt interessant:

Bewusstseinszustand, Atemfrequenz, Farbe der Schleimhäute und KFZ, Körperinnentemperatur, Flüssigkeitshaushalt und Puls. All dies kann und sollte auch einmal am gesunden Tier geübt werden. Zum einen hat man dann im Krankheitsfall einen guten Vergleich zur Norm; zum ande‐ ren werden die Tiere an gewisse Maßnahmen gewöhnt und somit deut‐ lich weniger gestresst. Sicher geht niemand gerne zum Arzt, jedoch lässt sich dies manchmal einfach nicht vermeiden und kann zumindest so angenehm wie möglich gestaltet werden. Ihr tierischer Freund wird sich bedanken und Ihr Tierarzt wird sich freuen.

 Hund:Katze
Atemfrequenz:   10-40 Atemzüge/min.  20-30 Atemzüge/min.  
Temperatur:   klein: 38,5-39 °C  
groß: (ab ca. 15 kg): 38,0-38,5 °C  
38,0-39,3 °C  
Puls:   80-160 Schläge/min.  100-130 Schläge/min.  

 

Erkrankungen des Magen-Darmtraktes

Gerade bei Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, die mit Erbrechen und Durchfall einhergehen, können die betroffenen Tiere schnell austrocknen. Um den Hautturgor zu überprüfen, zieht man die Hautfalte im Nacken ein Stück nach oben. Sie sollte innerhalb von ein bis zwei Sekunden verstreichen. Bleibt die Hautfalte stehen, deutet dies auf einen Flüssigkeitsmangel hin.

Viola Gumbert
Viola Gumbert studiert seit 2019 an der LMU München Tiermedizin und liebt die praktische Arbeit als Assistentin bei der Tierrettung München. Ihr Hund Fodo begleitet sie oft. Foto: © Regina Welk