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Hilfe, auf meinem Balkon brütet eine Ente! Enten in der Stadt

Foto: Thomas Wolter/Pixabay

von: Sabrina Schneider
Tierärztin Tierrettung München e.V.

Ratgeber Wildtiere –

Enten gehören zu den Wasservögeln. Ihre Nahrung besteht daher hauptsächlich aus Wasserinsekten, Krebstieren und Pflanzenteilen, wobei sich die „Stadtenten“ den Bedingungen angepasst haben und alles fressen (Sämereien, Beeren, Früchte, Würmer, Larven, usw.). Das Füttern von Brot ist dennoch keine gute Idee, da es gesundheitliche Risiken für die Vögel birgt und die Wasserqualität beeinträchtigt.

Enten sind für die Brutsaison monogam. Diese geht von Mitte März bis Ende Juli. Auch bei den Nistplätzen passen sich die Stockenten an die Gegebenheiten der Umgebung an. Nester im Grünland, Wald und in Bäumen sind genauso möglich wie an Balkonkästen, Flachdächern und Gebäuden. Nester in großen Höhen sind daher keine Seltenheit. Außerdem können die Nistplätze bis zu 5 km von Gewässern entfernt liegen. Die Brutdauer beträgt ungefähr 22-40 Tage. Es wird jeden Tag ein Ei in das Nest gelegt, und erst wenn alle Eier gelegt sind, beginnt die Bebrütung.

Brütende Enten sind durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Es ist daher nicht erlaubt, ihre Brutstätten zu stören oder zu zerstören. Die Tiere einzufangen, ist nur dann gestattet, wenn sie umgehend wieder frei gelassen werden. Ein Stören der Ente, bevor sie das Bebrüten beginnt, ist erlaubt. Enten haben in der Regel mehrere Nester gebaut und weichen bei Störung auf eines der anderen aus.

Entwicklung der Entenküken

Entenküken sind Nestflüchter, was bedeutet, dass sie nach 6-12 Stunden das Nest verlassen. Sie werden mit Rufen der Mutter gelockt. Hierbei können die Entenküken aus einer Höhe bis zu 10 m springen ohne sich zu verletzen. Flattern mit den Flügeln und ein Spreizen der Füße wie Fallschirme helfen dabei. Natürlicherweise ist die Landefläche weich. Dies ist eines der Probleme in der Stadt, da dort die Landefläche gegebenenfalls aus Asphalt besteht. In diesem Fall darf man den Küken helfen. Im Optimalfall werden die Küken eingefangen und unter Sichtkontakt zum Muttertier in einem Korb abgeseilt. Kleine Hindernisse wie z.B. Balkongeländer können mit schräg angebrachten Brettern überwunden werden.

Unten angelangt folgen die Küken dem Muttertier zum nächsten Gewässer. Auch hier können große, stark befahrene Straßen zum Problem werden. Ein Begleiten der Entenfamilie in ausreichendem Abstand und ein Eingreifen in Gefahrensituation kann hierbei helfen. Wenn diese Lösungsversuche keine Option sind, dann müsste die gesamte Entenfamilie eingefangen werden. Hierbei kann man sich bei der Feuerwehr Hilfe holen. Einfangaktionen sollten vormittags und relativ zeitnah nach dem Schlüpfen der Jungtiere erfolgen. Es muss immer zuerst das Muttertier eingefangen werden. Ein Handtuch oder Netz kann als Einfanghilfe verwendet werden. Allerdings besteht das Problem, dass man nur einen Einfangversuch hat. Misslingt dieser, kehrt die Mutterente nicht mehr zu ihren Küken zurück und sie sind verwaist. Daher sollte dies nur im äußersten Notfall gemacht werden. Sobald die Entenfamilie eingefangen ist, sollte sie zum nächstgelegenen Gewässer gebracht werden. Dort werden zunächst die Jungtiere frei gelassen, und sobald sie nach ihrer Mutter rufen, lässt man auch diese frei und die Kleinfamilie findet zueinander.

Einzeln aufgefundene Entenküken hingegen benötigen immer menschliche Hilfe. Selbstverständlich sollte man davor sicher sein, dass die restliche Entenfamilie wirklich nicht mehr in der Nähe ist.

Das verwaiste Entenküken ist Feinden schutzlos ausgeliefert, weshalb es zum Schutz eingefangen werden sollte. Sollten Sie keine Handschuhe dabeihaben, waschen Sie sich nach dem Anfassen gut die Hände. Eine hilfreiche Erstversorgung wäre die Verabreichung von Wärme, die Gabe von Entenstarterpellets und Wasser in einer flachen Schale. Das Tierheim München besitzt in der Regel Ammen-Enten, die die Jungtiere dann aufziehen können.

Die Elterntiere begleiten ihre Küken für ca. 4-10 Wochen. In dieser Zeit dienen die Elterntiere als Wärmequelle, schützen vor Fressfeinden und zeigen den Jungtieren Nahrungsgründe. Die Entenküken fressen sofort von selbst. Nach ca. einer Woche sind sie schwimmfähig und nach ca. 8 Wochen flugfähig und dann auf sich gestellt.

 

Sabrina Schneider
Tierärztin Tierrettung München e.V.