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Aus dem Winterschlaf geweckt Die Geschichte einer kleinen Zweifarbfledermaus

Die Geschichte einer kleinen Zweifarbfledermaus
Diese kleine Zweifarbfledermaus wurde anscheinend durch eine unbekannte Störung aus ihrem friedlichen Winterschlaf geweckt.

von: Von Franziska Baur

Rettungseinsätze –

Fledermäuse müssten zu dieser Jahreszeit eigentlich tief und fest schlafen. Die meisten überwintern auf Dachböden oder in Kellerschächten, aber auch in Baumhöhlen oder Kaminholzstapeln.

Während ihres Winterschlafs fahren sie ihren Stoffwechsel, ihre Atem- und Herzfrequenz (verringert sich von ca. 600 Schlägen pro Minute auf nur 10 Schläge) auf einen Bruchteil herunter. Ihr Energiebedarf ist in diesem Ruhestadium sehr niedrig, und normalerweise wachen sie erst wieder im Frühjahr auf, um sich dann ihre ausgehungerten Bäuche vollzuschlagen.

Wenn sie geweckt werden, z.B. durch das Wegnehmen von gestapeltem Kaminholz, benötigen die Fledermäuse sehr viel Energie, um den Stoffwechsel wieder hochzufahren. Das geht einige Male gut, aber bei zu vielen Störungen reicht das Fettpolster nicht mehr für den weiteren Winterschlaf aus, und die Tiere geraten in Lebensgefahr. Fledermäuse sollten daher wenn möglich nicht geweckt, sondern an einen sicheren Ort gebracht werden. Alle Fledertiere sind in ihrem Bestand stark gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht. Laut Bundesartenschutzverordnung gelten sie als streng geschützt. Das bedeutet, dass ihre Schlafstätten nicht gestört oder gar zerstört werden dürfen.

Diese kleine Zweifarbfledermaus wurde anscheinend durch eine unbekannte Störung aus ihrem friedlichen Winterschlaf geweckt: Eine Studentin entdeckte sie in ihrem Wohnheim apathisch auf dem Boden liegend. Glücklicherweise rief die junge Frau sofort bei der Tierrettung an und brachte das arme Tier in einem kleinen Pappkarton – weich mit einem Handtuch ausgebettet und mit Luftlöchern versehen – zu uns in die Dienststelle.

Nach einer kurzen Untersuchung legte ich dem völlig unterkühlten Tier eine Wärmflasche unter sein Handtuch und beleuchtete es von oben mit einer Wärmelampe. Hierbei ist es wichtig, dass das Tier die Möglichkeit hat, sich der Wärme zu entziehen, falls es ihm zu heiß werden sollte. Nach einer Aufwärmphase von ca. einer Stunde zog ich eine kleine Spritze mit flüssiger Glucose auf und bot diese der kleinen Fledermaus an, welche sich als Männchen entpuppte. Nach kürzester Zeit fing dieses an der Spritze zu lecken an und verlangte nach mehr. Nach einer ausgiebigen Verköstigung schien das Tier deutlich agiler geworden zu sein. Ich setzte es zurück in seine Schachtel, welche ich gut verschloss, damit die Fledermaus mit ihrer neu gewonnen Kraft nicht entfliehen konnte. Um ihre fortwährende Versorgung und Beobachtung zu sichern, wählte ich die Nummer von Frau Kistler – die Fledermausspezialistin mit eigener Auffangstation in München Süd. Ich könne sofort vorbeikommen und den Patienten mitbringen. Gesagt, getan, transportierte ich den Kleinen zu seiner neuen Pflegerin, wo er mit einigen anderen Fledermäusen den restlichen Winter verbringen wird, um dann im Frühjahr wieder Münchens Nächte unsicher machen zu können.

Laut Frau Kistler wurden im Januar fast täglich Fledermäuse gefunden. Die Gründe seien verschieden. Ein großes Problem stellte letztes Jahr das späte Einsetzen der winterlichen Kälte dar, wodurch viele der fliegenden Säuger erst spät einschliefen oder immer wieder aus einem unruhigen Schlaf erwachten. Falls jemand eine Fledermaus in einem hilfsbedürftigen Zustand finden sollte, ist das Wichtigste zunächst der Schutz vor Bissen. Diese Tiere sind Überträger vieler Krankheiten (Bakterien, Virenerkrankungen wie Tollwut oder Ebola), und deshalb ist äußerste Vorsicht beim Umgang mit Fledermäusen geboten. Mit dicken Lederhandschuhen ausgerüstet, kann man dann getrost die Tiere anfassen und in einer vorbereiteten Box unterbringen, um sie zu einem Fachkundigen (Tierrettung oder Fledermaus- Auffangstation) zu transportieren.

Infos über Fledermäuse

Allein in München gibt es 7 von insgesamt 1100 Arten (deutschlandweit 25). Im Folgenden ein paar Fakten zu unserer Zweifarbfledermaus:

  • Merkmale/Kennzeichen: Die Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus / discolor) ist die erste Fledermausart, die von Carl von Linnée beschrieben wurde. Sie bringen häufig Zwillinge und manchmal sogar Drillinge zur Welt. Fell: dicht und lang, Rückenfell schwarzbraun mit silbrigen Spitzen; Bauch weißgrau
  • Größe: Kopf-Rumpf: 48-64 mm
  • Spannweite: 270-330 mm
  • Gewicht: 10-23 g
  • Lebensraum: vorwiegend Offenland, Gewässernähe, Felsregionen, Großstädte
  • Nahrung: mittelgroße Insekten Ähnliche Arten: Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus); Nordfledermaus (Eptesicus nilssonii)