Notruftelefon: 01805 TIERRE 01805 84 3773* * 0,14 Euro/Min aus dem dt. Festnetz, max. 0,42 Euro/Min aus dem Mobilfunknetz

Ein Falke auf Wanderschaft

Wanderfalken sind die schnellsten Vögel der Welt. Foto: © aktion tier Tierrettung München e.V.
Rettungseinsätze –

Greifvögel gehören normalerweise am Jahresanfang zu unseren häufigen Wildtierpatienten. Auf ihre Beutetiere angewiesen, sind sie wegen der Nahrungsknappheit gegen Ende des Winters und am Frühlingsanfang geschwächt und werden häufig entkräftet am Boden sitzend und leicht einfangbar gefunden.

Von Malgorzata Horvath. Häufig reichen dann nach entsprechenden Untersuchungen antiparasitäre Behandlungen, gute Pflege und Fütterung, damit die Tiere, wieder zu Kräften gekommen, erfolgreich ausgewildert werden können. Manchmal werden sie aber Opfer von Krähen und müssen wegen der Verletzungen länger behandelt oder sogar operiert werden.

Dieses Jahr war der Winter aber so mild, dass viele Wildtiere davon profitierten und Greifvogeleinsätze nur selten notwendig waren. Eines Tages im Mai wurde ich also nach langer Zeit zu einem Greifvogel auf einer Mülltonne gerufen. Die Anrufer waren sich nicht sicher, um welche Vogelart es sich handelte. Sicher war auf jeden Fall, dass das Tier zwar krank zu sein schien, aber am Tag zuvor noch ein Stück geflogen war und sie sich nicht trauten, einen Einfangversuch zu unternehmen. Ein flugfähiger Vogel ist uns Menschen überlegen und wird sich nicht freiwillig in unsere Obhut begeben und auch nicht auf uns warten. So passiert es leider immer wieder, dass wir eindeutig kranken oder verletzten Wildvögeln nicht helfen können, weil sie einfach noch nicht schwach genug sind, um sich einfangen zu lassen und entweder wegfliegen, während wir sie einzufangen versuchen oder noch bevor wir am Einsatzort eintreffen. Um Fehlfahrten zu vermeiden, bitten wir deshalb Finder von kranken Wildvögeln einen Einfangversuch zu unternehmen oder wenigstens bei dem Tier zu bleiben bis wir kommen. Die jungen Leute waren gerne bereit, Wache zu halten, da sich der Findling ihren Hinterhof ausgesucht hatte, und mich bei dem Einsatz zu unterstützen. Bei meinem Eintreffen thronte das schöne Tier auf der Mülltonne. Mich auf die Einfangaktion konzentrierend, glaubte ich einen Bussard oder Habicht vor mir zu haben. Zum Glück war der Aufenthaltsort überdacht, was unsere Chancen erhöhte, ihm helfen zu können. Bewaffnet mit einem Käscher, einem Käfig, zwei Decken und Lederhandschuhen umzingelten wir zu Viert den Fahrradschuppen, um dem Greifvogel einen möglichen Fluchtweg abzuschneiden. Schnell versuchte ich den Patienten mit dem Käscher zu greifen, vergeblich jedoch, da er noch schneller nach hinten auswich und hinter die Mülltonne rutschte. Kurz darauf wanderte er mit Contenance, als ob nichts wäre, hinter dem Fahrradständer lang. Seine Wanderung konnte ich schließlich mit der Decke und einem beherzten Zugreifen beenden. Ohne die tatkräftige Hilfe der Finder hätte ich ihn alleine aber vielleicht nicht kriegen können. Dabei hielt ich tatsächlich ein majestätisches Tier in den Händen: einen Wanderfalken!

Wanderfalken sind die schnellsten Vögel der Welt

Sie sind mit Sturzfluggeschwindigkeiten von 300km/h die schnellsten Vögel der Welt, die mühelos im Flug die Richtung ändern können! Dank eines erfolgreichen Artenhilfsprogramms mit Nisthilfen gibt es in München seit 1999 zum Glück wieder eine Wanderfalkenpopulation. Die letzte Brut wurde davor zum letzten Mal 1964 beobachtet. Wanderfalken sind bei uns die größten Vertreter der Falken und reine Vogeljäger. Sie nutzen Stadtbauwerke als Ersatzfelsen zum Nisten. Ihre Verwandten, die Turmfalken, haben auch die Stadt als Lebensraum erobert und sind häufiger zu beobachten. Im Gegensatz zum Wanderfalken sind sie Mäusejäger. Durch ihre geringe Größe und die rotbraune Färbung mit rautenförmigen Flecken können sie nicht miteinander verwechselt werden. Typisch für Wanderfalken sind die großen Augen und die dunklen Bartstreifen neben dem Schnabel, die blaugraue Oberseite und gebänderte Brust, wodurch sie sich von anderen Greifvögeln unterscheiden. Unseren seltenen Patienten brachte ich nach der Erstuntersuchung und -behandlung in die Vogelklinik in Oberschleißheim, wo er weiter versorgt wurde.