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Ein gefiedertes Überraschungspaket

Rettung eines Schwarzspechtes
Ein kräftiger Schnabel und ein auffälliger roter Scheitel zeichneten den außergewöhnlichen Patienten aus.

von: Von Malgorzata Horvath, Tierärztin

Rettungseinsätze –

Als uns an einem sonnigen, aber kalten Morgen im Frühjahr der Notruf von einer großen Münchner Firma erreichte, dass von Mitarbeitern im Hof ein großer schwarzer Vogel gefunden wurde, ging ich davon aus, dass es sich dabei um einen unserer häufigen Wildvogelpatienten, um eine Krähe, handeln würde.

Der Findling saß aufgeplustert im Innenhof des verglasten Bürogebäudes. Die Anrufer waren gerne bereit, das geschwächt wirkende, flugunfähige Tier in einen Karton mit Löchern zu setzen und es mit reinzunehmen, um es aufzuwärmen.

Nach Beendigung des vorangegangenen Einsatzes holte ich die verschlossene Schachtel an der Anmeldung ab. Meine Überraschung war groß, als ich am Auto in das „Paket“ hineinschaute, um den Patienten zu untersuchen, und von einem großem gelbbraunen Auge ins Visier genommen wurde, das eindeutig nicht einer Krähe gehörte. Ein kräftiger Schnabel und ein auffälliger roter Scheitel zeichneten meinen außergewöhnlichen Patienten aus. Es war ein Exemplar der größten europäischen Spechtart: ein Schwarzspecht! Der beeindruckende Vogel setzte bei der Untersuchung seinen kräftigen Schnabel ein, um sich zu wehren. Das Aufwärmen hatte ihm eindeutig gut getan. Glücklicherweise hatte er keinerlei erkennbare Verletzungen. Nach einer Erstversorgung mit einer Infusion brachte ich ihn zur weiteren Diagnostik und Behandlung in die Vogelklinik.

Obwohl Schwarzspechte anpassungsfähig und weit verbreitet sind, werden sie nur selten gesehen, weil sie scheu und unauffällig sind. Dafür kann man ihre Trommelwirbel (bis zu 17 Schläge pro Sekunde!) weit hören. In Städten kommen diese Spechte hauptsächlich im Winter vor, weil sie zum Brüten im Frühjahr alte hochstämmige Bäume, vor allem Buchen, brauchen, die sie eher in weitläufigen Waldgebieten finden. Die Vögel sind wichtig für das Ökosystem, denn sie zimmern ihre großen Bruthöhlen selbst und schaffen so auch Lebensraum für andere Tierarten. Ihre Höhlen werden sowohl von anderen Vögeln wie Käuzen oder Hohltauben sowie von Säugetieren wie Siebenschläfern, Baummardern und Fledermäusen benutzt.