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Von Kaninchen und Bibern

Der für mich alltäglichere Fall war ein zugelaufenes Kaninchen mit einer Lahmheit. Zunächst waren wir geneigt, es aufgrund seiner Färbung für ein Wildkaninchen zu halten. Foto: © aktion tier Tierrettung München e.V.
Rettungseinsätze –

Im August und September dieses Jahres wurde ich wieder einmal mit dem breiten Tierspektrum bei meiner Tätigkeit bei der aktion tier – tierrettung münchen e.V.. konfrontiert.

Von Dr. Birgit Schwarzmann. Der für mich alltäglichere Fall war ein zugelaufenes Kaninchen mit einer Lahmheit. Zunächst waren wir geneigt, es aufgrund seiner Färbung für ein Wildkaninchen zu halten. Jedoch war das Tierchen dafür erstaunlich zahm. Es ließ sich problemlos kraulen und widersetzte sich der Untersuchung erst, als Yvonne Oehme und ich das lahme Hinterbein abtasteten. Bereits vor Ort konnten wir den Verdacht auf einen Bruch des Oberschenkels stellen. Am anderen Bein trug es ein blaues Zierschleifchen, also ein Bub. (Zur Sicherheit vergewisserten wir uns, dass die anderen Anzeichen des männlichen Geschlechts auch vorhanden waren.) In der chirurgischen Tierklinik der Universität wurde unser Verdacht dann bestätigt und das ansonsten gesunde Tier eingestallt, um alsbald das Hinterbein operativ zu versorgen.

Biber in der Garage? Das zweite Tier, mit dem ich konfrontiert wurde, war geringfügig größer ... Die Dame, die uns anrief, war bereits von ihren Nachbarn belächelt worden und auch uns fiel es anfangs schwer, ihr zu glauben. Erzählte sie doch von einem Biber, der seit letztem Abend in der Tiefgarage unter ihrer Duplexgarage sitze. Nach mehrmaligem Nachfragen durch Frau Dr. Haghayegh, ob sie sich denn wirklich sicher sei, es sei kein Marder, (die sich ja öfter in Garagen aufhalten), ob sich das Tier denn aufscheuchen ließe, holte sich die Dame noch eine Nachbarin zur Unterstützung. Da diese auch überzeugend von einem wirklich großen Tier sprach und sich die Garage fast direkt am Englischen Garten befand, machte ich mich auf den Weg. Mit Taschenlampe, Fangstab, Lederhandschuhen und einem Metallkatzenkorb bewaffnet, betrat ich mit den beiden Damen die Garage. Die Damen bezweifelten, dass das Tier in den Korb passen würde, doch was blieb uns übrig, war dies doch das einzige stabile Behältnis, das ich in die Garage mitnehmen konnte.

„Dort hinten, links in der Ecke unter dem beige-farbenen BMW, da sitzt er. Es ist doch ein Biber, oder nicht?“ Und tatsächlich, es ist ein Biber und was für ein großer Brocken von Biber. Gemeinsam steuerten wir ihn gebückt unter der unteren Garagenabteilung stolpernd aus seiner Ecke. Zum Glück war es ein sehr verträglicher, umgänglicher und gar nicht so scheuer Geselle. Kam er doch behände erst mal auf mich zugewackelt und wesentlich beweglicher als ich es unter der Links Becken, rechts Kniegelenk, Bruchenden des Oberschenkels weit voneinander entfernt, Knochen schräg gebrochen, mehrere Splitter Mit viel Geschick passt auch ein Biber in den Katzenkorb! Hier wartete der Biber auf seine Rettung! So konnten wir ihn auf die nebengelegene heruntergefahrene Doppelstallfläche scheuchen und dort begann der schwere Teil der Arbeit. Denn er hatte nicht nur die Figur eines Sumo-Ringers,nein, er hatte auch ein ordentliches Kampfgewicht. Geschätzte 25 kg! Und die musste ich verletzungsfrei in unseren Käfig bugsieren. Vorne anheben ging noch einigermaßen. Das Problem war, dass die Fangschlinge nicht wirklich hielt, da sein Kopf schmaler war als der Hals. Also Biber mit dem Kopf und den Vorderbeinen im schräg gestellten Käfig, aber ungesichert. Jetzt schnell den Hintern hinterher, mit einer Hand anheben ... Puh! Versuch eins gescheitert, zu schwer für eine Frau? Nichts da, jetzt nicht aufgeben. Noch einmal von vorne. Wie gesagt, es war ein wirklich gutmütiger Kerl, ein echter gemütlicher Bayer halt. Vorderteil rein und jetzt mit aller Kraft heben und schieben. Endlich hatte ich ihn im Korb, aber halt, da fehlte noch was. Der Schwanz musste noch seitlich angelegt werden, um mit rein zu passen. Gerade so bekam ich den ganzen Kerl in die Box. Jetzt nur noch zum Auto bringen, vorsichtig noch durchchecken, ob ich keine Verletzung übersehen hab in der dusteren Garage, ein Schmerzmittel verpassen, da ja nicht bekannt war, wie er überhaupt in diese missliche Lage geraten war. Er konnte ja gut einige Prellungen haben, wenn er in die Grube unter die Autos gepurzelt war. Und danach ging es schnellstmöglich in den Englischen Garten und ab in die Freiheit mit dem armen Kerl.

Als ich ihn endlich hinter der medizinischen Tierklinik in die Freiheit entlassen konnte, waren wir wohl beide gleich froh. Er, dass er der Enge des Korbes und meiner „Fürsorge“ entkommen war, und ich, dass er diesen Ausflug in die Beton- und Steinbauten so unbeschadet überstanden hatte. Hätte ihn die Dame in der Garage nicht bemerkt und der Inhaber des oberen Parkplatzes hätte die Garage herabgelassen, um mit dem Auto wegzufahren ... wir hätten wohl nur noch Teile dieses wirklich beeindruckenden Tieres bergen können. Doch zum Glück gehen so viele Münchener mit offenen Augen selbst in den dunkelsten Garagen umher und retten dadurch vierbeinige Leben.

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